Impuls KW 42/2021

Romano Guardini (dt. Priester und Theologe, 1885-1968)

Gnadenbild-Ikone (c) Ulrich Janson, in: Pfarrbriefservice.de
Gnadenbild-Ikone
Datum:
Mo. 18. Okt. 2021
Von:
Pfr. Heinz Portz

"Marias Verhalten muß von einer heiligen Vornehmheit gewesen sein. Weder kann sie sich in einer neugierigen oder überheblichen Weise in das Göttlich – Ungeheure eindrängen, noch kann sie versucht haben, es aus ihrem Bewußtsein auszuschalten. In beiden Fällen wäre sie an dem Übergroßen zugrunde gegangen. Sie war nicht bemüht, die Eingeweihte zu sein; sie hat sich aber auch nicht auf ‚das Menschliche‘ in der Persönlichkeit Jesu beschränkt und die Rolle der ‚guten Hausfrau‘ oder der ‚treuen Dienstmagd‘ angenommen.

Immerfort hat sie erlebt, wie ihr Sohn sich von ihr weghob. Dafür sind vor allem jene Vorkommnisse wichtig, in denen von Seiten Jesu eine Gebärde der Grenzziehung zwischen sich und ihr deutlich wurde. Man neigt dazu, sie auszuglätten oder umzudeuten. Das ist unrecht, weil nicht wahr; es ist aber auch unklug, denn diese Geschehnisse sagen über die stille Größe Mariens mehr aus als alle Übersteigerungen. Sie heben scharf hervor, was beständig wirksam wurde: daß Jesus der Unbegreifliche war. Diese Unbegreiflichkeit hat sie aber in ihr Leben aufgenommen, hat sie getragen und ist darin gewachsen. Wieder zeigt sich die Eigenart von Marias Haltung: der Glaube, der im Unfaßbaren ausharrt, wartend, bis von Gott her Licht kommt.“

 

 

 

aus:
Das große Marienbuch christlicher Malerei und Ikonendarstellung
Text von Abt Hugo Lang, hg. V. Anton M. Kirchdorfer
Aschaffenburg 1984, 244