Impuls KW 45/2020

Die hl. Schwester Theresia Benedicta vom Kreuz (Edith Stein) in einer Betrachtung zum Allerheiligenfest und Allerseelentag (1933):

Teresia Benedicta a Cruce  (Edith Stein) (c) Common
Teresia Benedicta a Cruce (Edith Stein)
Datum:
Mo. 2. Nov. 2020
Von:
Pfr. Heinz Portz

Das Himmelreich ist vor allem das Leben in der Gotteskindschaft: die beseligende Gewißheit, von einer unendlichen und unwandelbaren Güte und Liebe umsorgt zu sein: der Liebe des Vaters, der um alle unsere Nöte weiß und für jede eine Abhilfe bereit hat, bei dem wir Trost finden in jedem Leid, dessen unendliche Barmherzigkeit niemals müde wird, uns zu vergeben, was wir gefehlt haben, der uns im Übermaß entschädigt für alles, was Menschen uns antun.
Diese Vatergüte auf immer neue und ungeahnte Weise zu erfahren, das ist unsere Seligkeit auf Erden. Wir schauen jetzt noch nicht Gott von Angesicht zu Angesicht, wie es uns verheißen ist. Aber daß Er sich von denen finden lässt, die Ihn von ganzem Herzen suchen, das erfahren wir schon in diesem Leben. Die ihr Herz entleert haben von allem, was dem Herrn des Himmels den Weg versperren kann, denen gibt er sich immer reicher und tiefer zu erkennen. Er selbst nimmt Wohnung in ihrem Herzen und macht es zu seinem Reich.
Die den Herrn suchen, begegnen Ihm auf allen ihren Wegen. Die ganze Schöpfung trägt Seine Spuren, Menschenschicksal und Weltgeschehen offenbaren Sein verborgenes Walten.
Aber die Seele, die es gelernt hat, bei sich selbst Einkehr zu halten, findet IHN am sichersten in sich selbst. Dieser innere Weg ist der Weg aller Mystiker. Die hl. Theresia hat ihn unvergleichlich in der »Seelenburg« geschildert. Der hl. Augustinus fordert dazu auf mit den Worten: Noli foras ire, intra in te ipsum; in interiore homine habitat Veritas. (Gehe nicht nach draußen, kehr bei dir selber ein; im Innern des Menschen wohnt die Wahrheit).

 

 

aus:
Edith Stein,
Geistliche Texte II,
Gesamtausgabe Bd. 20, Freiburg i. Br. ²2015, S. 66