Pfr. Heinz Portz: Advent und Weihnachten: Wachsamkeit, Frieden, Freude

(c) Christian Schmitt In: Pfarrbriefservice.de
Datum:
So. 1. Dez. 2024
Von:
Pfr. Heinz Portz

Wachsamkeit! Achtung! Aufpassen!

Zweifellos ist das Thema der christlichen gelebten Adventszeit die Wachsamkeit. Was heißt das? Oft denken wir dieser Haltung an ängstliche Vorsicht, die uns zur Abschottung aufzurufen schein. Doch das ist sicher nicht der Sinn der christlichen Wachsamkeit!
Jesus selbst nämlich erklärt diese Tugend mit dem frohen Warten und Erwarten des Herrn durch sein Gesinde (vgl. Mk 13, 33 - 37).
Also wollen wir uns im Advent mit einer solchen freudigen Wachsamkeit darauf vorbereiten, Jesus zu empfangen: an Weihnachten, das wir in wenigen Wochen feiern.
„Bereiten wir also vor allem in diesen Wochen mit Sorgfalt das Haus unseres Herzens vor, damit es aufgeräumt und gastfreundlich ist. Wachsamkeit bedeutet nämlich, das Herz zu bereiten. Es ist die Haltung des Wächters, der sich in der Nacht nicht von Müdigkeit übermannen lässt, der nicht einschläft, sondern wach bleibt in der Erwartung des Lichts, das kommen wird. Der Herr ist unser Licht, und es ist gut, das Herz darauf vorzubereiten, ihn mit dem Gebet zu empfangen und ihn mit Nächstenliebe zu beherbergen, die beiden Vorbereitungen, die gewissermaßen dafür sorgen, dass er sich wohlfühlt.“
(Ansprache von Papst Franziskus beim Angelus- Gebet am 3. Dezember 2023)

Zur kultivierten Pflege der Advents- und Weihnachtsfreude gehört sicher das Aufbauen und Betrachten der Krippe: zuhause, in den Kirchen, auf Weihnachtsmärkten und anderen öffentlichen Plätzen.
Es gibt Krippen in allen Größen. Es gibt Krippen in allen Kulturen und seit ihrer „Erfindung“ als religiöse Darstellung durch den hl. Franz von Assisi in allen Epochen und Kunstrichtungen: Es gibt Krippen in Daumennagelgröße, die Sie ohne Lupe nicht sehen können und in Lebensgröße – buchstäblich – nämlich mit lebenden Tieren. Die Krippe ist in unserem Laben angekommen; auch ihre Botschaft?
Seit der Zeit des hl. Franziskus gehören in jede Krippe zwei Darsteller – neben der hl. Familie – die nie fehlen dürfen: Ochs‘ und Esel. Ohne diese Tiere ist eine Krippe nicht komplett. Sie gehören so selbstverständlich dazu, dass wir uns gar nicht mehr fragen, wo sie denn eigentlich herkommen. Ochs‘ und Esel? Im Weihnachtsevangelium steht nichts davon. Die sachlich naheliegende Vermutung, dass Josef und die hochschwangere Maria ihre mühsame Reise von Nazareth nach Betlehem mit einem Esel bewerkstelligt haben, reicht als Erklärung nicht und lässt immer noch die Frage offen, wo denn der Ochse herkommt.
Nein! Die Anwesenheit dieser stummen Zeugen der Geburt Christi weist auf tiefere, theologisch-religiöse Gründe, die uns bis heute ansprechen und aufrütteln sollten. Franziskus setzt diese Tiere in den Stall von Bethlehem in Anspielung auf eine alte Weissagung des Propheten Jesaja (ca. 750 v. Chr.); bei dem wir lesen über die Untreue des Volkes Israel:

„Hört ihr Himmel! Erde, horche auf! Denn der Herr spricht: Ich habe Söhne großgezogen und emporgebracht, doch sie sind von mir abgefallen. Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel kennt die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Einsicht, mein Volk hat keine Erkenntnis.“ (Jes 1,2-3)

Das Gottesvolk hat keine Einsicht: Es kennt Gott nicht mehr. Es hat seinen Herrn vergessen! So wurden (und werden) die Tiere, die wissen, wer ihr Herr und Eigentümer ist, zu stummen und symbolträchtigen Zeugen gegen alle im alten (und oft im neuen) Gottesvolk, die an die Menschwerdung Gottes nicht (mehr) glauben.
Denn wie ist es heute oft im neuen Volk Gottes in der Kirche, in den Kirchen? Wie ist es mit den getauften und gefirmten Christen? Mit denen, die durch Sakramente und durch den Glauben eng mit diesem Kind, mit Jesus Christus, mit Gott verbunden sind? Wie viele trifft die dunkle Weissagung des AT-Propheten Jesaja heute: „Mein Volk hat keine Einsicht, keine Erkenntnis?“
Gott wird Mensch! REAL! Konkret! Einmalig! Glauben Sie das? Der Herr der Welt liegt als Kind in einer Krippe, in einem Stall! Erkennen Sie ihn?
Schwestern und Brüder, von ähnlicher tiefer Bedeutung ist das Datum, an dem die Kirche Weihnachten feiert: 25.12.! Das war im alten julianischen Kalender des röm. Reiches der Tag / die Nacht der Wintersonnenwende, die seit dem 2. Jahrhundert: Fest der sol invictus – der unbesiegten Sonne – hieß.
Diese unbesiegte Sonne ist der menschgewordene Sohn Gottes: Jesus Christus.
Indem die Kirche diesen heidnischen Festtag okkupiert und zum Feiertag eines ihrer größten Feste, des tiefsten Glaubensgeheimnisses, des ergreifendsten Wunders macht, vertreibt sie die heidnischen Götter. Das bedeutet: Der Glaube besiegt das Heidentum. Christus besiegt den Aberglauben. Die Hoffnung bezwingt die Verzweiflung. Die Fülle Gottes heilt die Leere der Welt.
Und heute? Ohne in das übliche Gejammer über den Weihnachtskitsch und die Geschäftemacherei einzustimmen, gilt doch: Man wird den Eindruck nicht los, dass das Pendel zurückschlägt und das neuzeitliche Heidentum sich jedenfalls bei uns das Weihnachtsdatum als Götzendienst zurückerobert! Oder?

Die kath. Welt und mit ihr alle Völker der Erde wenden sich am 25.12. der Krippe von Bethlehem zu, um voller Glauben den da ruhenden Sohn anzubeten oder das Ereignis zu bewundern, für das man vergeblich eine Erklärung in den Grenzen des menschlichen Denkens sucht: gerade in einer Zeit des materiellen Zusammenbruchs und der sittlichen Katastrophen erscheint Weihnachten doch wie ein leuchtender Hoffnungsschimmer für alle Völker. Für alle Menschen, die unsicher stolpernd hinter einer Ordnung herlaufen, die ihnen einen nie dagewesenen Wohlstand bescheren soll. Für die meisten jedoch ist Weihnachten nur ein kurzes symbolisches Aufflackern, dem kein dauerhafter Glauben im Alltag folgt.
Menschen und ganze Gesellschaften streben zwar nach Frieden, Eintracht, Glück, wollen aber, dass ihnen alles automatisch – ohne Hingabe und Glauben – zufällt. Allein das göttliche Kind wird uns das Heil schenken: aber nicht indem es wie von Zauberhand unsere materialistische (Un-)Kultur rettet, sondern nur indem es unsere Herzen verwandelt, unseren Geist verzaubert!
Dieses Kind, das wir ehrfürchtig anbeten und das selbst bei denen, die es nur dem Namen nach kennen, eine geheimnisvolle Bewunderung auslöst, ist der wahre „Friedensfürst“ (Jes 9,5). Der göttliche Knabe bringt das gütige Wesen Gottes in die Welt und so alles Heil und eine Liebe, die zur Quelle aller Hoffnung und allen Glücks wird.
Dieser Friede hängt von einer einzigen Bedingung ab: Menschen und Völker müssen sich seinem neuen Gesetz, seinem Evangelium, unterwerfen. Das ist der Friede, den der zum Menschensohn gewordene Herr auf die Erde gebracht hat. Alle Völker und jeder Einzelne sollen und können (MÜSSEN!!!) in Gehorsam gegen Gottes Sohn an diesem Heilswerk mitarbeiten. Nur die Menschen guten Willens, wie es die hl. Engel auf Bethlehems Feldern besingen, werden Gottes Frieden erfahren können.
Diesen Frieden, den Weihnachten den Menschen auf Erden gebracht hat. Ohne diese Grundhaltung, ohne den Gehorsam gegen Gott, ist jede Bewunderung des göttlichen Sohnes nichts anderes als mehr oder weniger (un)bewusste GOTTLOSIGKEIT!!
Und diese Gottlosigkeit bringt keinen Frieden; das zeigen Krisen, Kriege, Katastrophen und unglaublicher Hass zwischen Menschen und Völkern!!
Schwestern und Brüder, beten wir, dass das Elend, das Jahr um Jahr schwerer auf den Völkern lastetet, endlich dazu beträgt, dass sich die Menschen zu dem einen wahren Gott bekehren. So lässt die Einheit des Glaubens die Weihnachtsfreude zu einer andauernden Wirklichkeit werden.
Das Kind in der Krippe, der göttliche Menschensohn, lehrt uns das Staunen. Er lehrt uns das rechte Beten. Vor der Krippe verstehen wir, was der hl. Thomas von Aquin meinte, als er sagte: Das Gebet ist die Sprache der Hoffnung.

Von Herzen wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben

 – auch im Namen meiner Mitbrüder –

ein gnadenvolles, frohes, friedliches Weihnachtsfest

und den Segen des menschgewordenen Erlösers

für 2025

 

Ihr Pfr. Heinz Portz