Allein der Gedanke, dass mit dem Ende des irdischen Lebens alles radikal aus ist, dass es keine ewige Seele, kein Leben im Jenseits. Keine Geborgenheit in Gott und erst recht kein Wiedersehen mit unseren Lieben gibt, ist für uns Menschen schlicht unerträglich.
Wir können und wollen uns den ewigen Tod gar nicht vorstellen.
Vermutlich würde es den meisten auch gar nicht gelingen, diese Theorien vom totalen Nichts, vom ewigen Tod und dem radikalen Aus und Vorbei konsequent zu Ende zu denken.
Für gläubige Menschen - nicht nur für Christen - ist diese Undenkbarkeit vom radikalen, ewigen Nichts ein Beweis dafür, dass Gott uns wirklich eine unsterbliche Seele und eine unsterbliche Sehnsucht nach dem Ewigen geschenkt hat. Diese Welt, dieses irdische Leben allein – und mag es noch so lang, so erfüllend und glücklich sein – ist für das tiefste Hoffen und Sehnen des Menschenherzes (der menschlichen Seele) zu wenig und zu klein.
Tatsächlich lehrt die Kirche das ewige Glück, das vollkommene Leben in Gott, einen Himmel, der größer, schöner, beglückender ist, als all unsere Vorstellungen es jemals sein könnten.
Und so verwendet unser Herr Jesus Christus selbst in seiner Rede im Abendmahlsaal uns das wunderschöne Bild vom Vaterhaus der ewige Geborgenheit:
„Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott, und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe - den Weg dorthin kennt ihr. Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin die gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen? Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Joh 14, 1-6)
Ohne das ewige Glück im Himmel genau zu beschreiben, das wäre mit den Wort und Vorstellungen dieser Welt ohnehin nicht möglich, sagt der Herr doch damit alles: ich bin nur in Gott wirklich zu Hause
Wenn wir einen lieben Menschen zu Grabe getragen, für ihn gebetet haben, im hl. Meßopfer seine Seele vor Gott bringen, in Gottesdiensten für ihn gemeinsam beten und an Allerheiligen und Allerseelen aller Verstorbenen feiern, wenn wir die Gräber christliche durch das Kreuz gestalten, dann bringen wir unseren christlichen Glauben und unsere Hoffnung auf die Auferstehung zum Ausdruck. Wir wissen, dass wir unsere lieben Verstorbenen nicht verloren haben, sondern dass wir sie nur dem zurückgeben mussten, der ihn uns geschenkt hat. Unsere Toten sind jetzt wieder vollkommen in Gottes Händen, und so, wie Gott sie einst uns geschenkt hat, so glauben wir, daß Gott uns auch erneut einmal zusammenführen wird.
Zu Allerheiligen und Allerseelen sollten wir einmal den Gedenken des hl. Papstes Leo des Großen (400 - 461) bedenken: „Wenn wir das, was wir mit dem Munde bekennen, auch in unseren Herzen unwandelbar festhalten, dann nehmen wir teil am Kreuz Christi, am Tod und am Begräbnis Christi, dann auch an seiner Auferstehung am dritten Tag.“
Trotz dieses Glaubens aber erfüllt uns jeder Tod mit Trauer und Abschiedsschmerz. Nicht deshalb, weil wir uns in unserem Glauben unsicher wären, weil wir uns nicht freuen würden auf das, was Gott uns verheißen hat. Sondern deshalb, weil die Zeit, die wir mit unseren lieben Toten haben durften, in uns nachklingt und uns nicht so schnell loslassen wird. Und das nicht nur, weil sie so viele Spuren hinterlassen haben. Sie, die diejenigen gekannt haben, die uns vorangegangen sind, wissen, was sie an ihnen hatten und was sie Ihnen bedeutet haben.
Der große evangelische Theologe, Pfarrer und Märtyrer Dietrich Bonhoeffer (1906 - 1945) lehrt uns:
"Es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines uns lieben Menschen ersetzen kann und man soll das auch gar nicht versuchen; man muss es aushalten und durchhalten; das klingt zunächst sehr hart, aber es ist doch zugleich ein großer Trost; denn indem die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden. Es ist verkehrt, wenn man sagt, Gott füllt die Lücke aus; er füllt sie gar nicht aus, sondern er hält sie vielmehr gerade unausgefüllt, und hilft uns dadurch, unsere echte Gemeinschaft – wenn auch unter Schmerzen – zu bewahren. Je schöner und voller die Erinnerungen, desto schwerer die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich. Man muss sich hüten, in den Erinnerungen zu wühlen, sich ihnen auszuliefern, wie man auch ein kostbares Geschenk nicht immerfort betrachtet, sondern nur zu besonderen Stunden und es sonst nur wie einen verborgenen Schatz, dessen man sich gewiß ist, besitzt; dann geht eine dauernde Freude und Kraft von dem Vergangenen aus.“
Vor 1600 Jahren tröstete der hl. Kirchenvater Augustinus (354 - 430) als Bischof und Seelsorger die Gläubigen: „Unsere Toten sind nicht abwesend sondern nur unsichtbar. Sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer.“
Die Zeit der Trauer ist auch die Zeit, in der wir uns auf ein Wiedersehen mit denen vorbereiten, um die wir trauern. Indem wir auf Gottes Wort vertrauen, auf das auch unsere Verstorbenen ihr Leben lang vertraut haben: "Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich. Im Hause meines Vater gibt es viele Wohnungen." (Joh 14, 1)
Ihr Pfr. Heinz Portz
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Hinweise zum Allerseelenablass
Vom 1. bis 8. November kann täglich einmal ein vollkommener Ablass für die Verstorbenen gewonnen werden. Neben den üblichen Voraussetzungen:
wobei diese Erfordernisse mehrere [etwa 20] Tage vorher oder danach erfüllt werden können sind erforderlich:
1.
an Allerheiligen oder am Allerseelentag oder am Sonntag vor oder nach Allerheiligen (einschließlich des Vortages ab 12 Uhr): Besuch einer Kirche oder öffentlichen Kapelle, Vater unser und Glaubensbekenntnis; in Hauskapellen können nur die zum Haus Gehörenden den Ablass gewinnen
oder vom 1. bis zum 8. November:
2.
Friedhofsbesuch und Gebet für die Verstorbenen.
Fehlt die volle Disposition oder bleibt eine der Bedingungen unerfüllt, erlangt man einen Teilablass für die Verstorbenen. Ein solcher kann an diesen und auch an den übrigen Tagen des Jahres durch Friedhofsbesuch wiederholt gewonnen werden.
(aus: DIREKTORIUM für das Bistum Aachen 2024, Seite 304)